Historie der Wasserversorgung der Region Weimar

Spätmittelalter bis 1883

Bis 1883 mussten sich die Weimarer Bürger ihr Trinkwasser an den im Altstadtgebiet befindlichen „Laufbrunnen“ – mittels Röhrenfahrten aus außerhalb des besiedelten Stadtgebietes entspringenden Quellen gespeist – holen oder aber aus Schachtbrunnen auf den Wohngrundstücken schöpfen. Die auf den Privatgrundstücken befindlichen Brunnen befanden sich oftmals dicht neben Jauchegruben und Misthaufen, was immer wieder zu Seuchen führte. Der Geheime Medizinalrat und spätere Hofarzt Dr. Ludwig Pfeiffer wies in den 1860er Jahren auf der Grundlage umfangreicher medizinstatistischer Untersuchungen den Zusammenhang zwischen der Wassergewinnung aus kontaminierten Hausbrunnenanlagen und dem Auftreten von Choleraerkrankungen nach und setzte sich nachfolgend für den Aufbau einer zentralen öffentlichen Wasserversorgung in Weimar ein.

1883 – Weimar richtet eine zentrale öffentliche Wasserversorgung ein

Auf Beschluss der Stadt wurde im Jahre 1882 das Wasserwerk Oettern gebaut und das in der Ilmaue zu Tage tretende Quellwasser mit Dampfkraft über eine Druckleitung in einen Hochbehälter gefördert. Von diesem führt eine noch heute in Betrieb befindliche rd. 7 km lange Fallleitung über Köttendorf und Ehringsdorf nach Weimar. In der Stadt entstand ein Rohrnetz mit Anschlüssen für die Gebäude.

1905 wurde dann der Hochbehälter in der Luisenstraße (heute Humboldtstraße) errichtet; dieser ist auch heute noch für Weimars Stadtzentrum druckbestimmend.

1888 – Fernleitung Mellingen-Apolda in nur 5 Monaten verlegt, Apolda richtet eine zentrale öffentliche Wasserversorgung ein

Die Textilindustrie in Apolda sowie die Bürger der Glockengießerstadt litten unter Wassermangel; dies wurde zum Hemmnis für die wirtschaftliche Entwicklung. Zur Behebung der Wassernot entschloss sich die Kommune, parallel zur Ilm eine rd. 30 km lange Leitung von Mellingen nach Apolda zu verlegen; diese konnte nach nur 5monatiger Bauzeit in Betrieb genommen werden. Genutzt wurden ebenfalls die Quellwasserdargebote in der Ilmaue zwischen Oettern und Mellingen; später fasste man zusätzlich eine Quelle bei Göttern südöstlich von Magdala und speiste das dortige Wasser über eine im Tal der Magdel bis Mellingen verlegte Leitung in das Apoldaer System ein.

1908 – erste interkommunale Zusammenarbeit im Bereich der ländlichen Wasserversorgung

Fast ausnahmslos wurden die Gemeindegrenzen bei der Planung und der Errichtung von Wasserversorgungsanlagen strikt beachtet. Nur die Gemeinden Großschwabhausen, Hohlstedt und Kötschau errichteten im Jahre 1908 eine gemeinsames Versorgungsanlage: Wassergrundlage war ein Brunnen in Hohlstedt. Dort hatte man eine Pumpstation errichtet, mittels derer das Wasser zunächst in einen im Bereich der Gemarkungsgrenze erbauten Hochbehälter gefördert wurde. Von dort aus erfolgte die Einspeisung in die Ortsnetze der drei damals politisch selbstständigen Kommunen.

bis 1914 – Aufbau zentraler Wasserversorgungssysteme in Dörfern des Weimarer Landes

Im Zeitraum bis 1914 wurden von vielen vornehmlich südlich des Ettersberg-Massivs gelegenen Gemeinden öffentliche Versorgungsanlagen auf der Basis örtlicher Dargebote (Quellen, Schachtbrunnen, Sickergalerien) erstellt.

Soweit ein Pumpbetrieb erforderlich war, erfolgte dies seinerzeit entweder mittels Windkraft-Antrieb oder aber mittels verbrennungsmotorisch angetriebenen Kolbenpumpen. In Einzelfällen kam auch der sogenannte „hydraulische Widder“ – beruhend auf einer Erfindung aus dem späten 18. Jhd. und in unserer Region gebaut von einer Blankenhainer Firma – zum Einsatz.

August 1914 – Ausbruch des 1. Weltkrieges

Im Sommer 1914 wurde die zentrale öffentliche Wasserversorgung in Hohenfelden eingeweiht. Dieses Dorf war 1913 – wie auch die benachbarte Stadt Kranichfeld – „wiedervereinigt“ worden; das Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach und das Herzogtum Sachsen-Meiningen hatten sich zuvor auf Gebietstausche geeinigt. Beide Kommunen unterstanden nun insgesamt dem Weimarer Großherzog.

Der Ausbruch des 1. Weltkrieges im August 1914 führte zu einem Rückschlag hinsichtlich der Bestrebungen zum Aufbau leitungsgebundener öffentlicher Wasserversorgungseinrichtungen; neue Vorhaben wurden nicht mehr in Angriff genommen.

1919 bis 1927 – Erschließung weiterer Orte

Der 1. Weltkrieg hatte neben Leid und Hungersnot auch wirtschaftlich katastrophale Folgen: Die Wirtschaft lag am Boden; die Inflation vernichtete die wirtschaftliche Existenz vieler schon von den unmittelbaren Kriegsfolgen Betroffenen. Bis Mitte der 20er Jahre erfolgte im Zusammenhang mit der Neuerschließung von Baugebieten lediglich ein geringfügiger Ausbau der schon vor 1914 geschaffenen Versorgungsnetze. Erst im Jahre 1927 wurde wieder eine komplette größere Kommune erschlossen: Die seit 1913 „wiedervereinigte“ Stadt Kranichfeld hatte ein zentrales öffentliches System erstellt; Wassergrundlage war der „Stubenbrunnen“ – eine östlich des Rathauses im Steiluferbereich der Ilm zu Tage tretende sehr ergiebige Quelle, deren Schüttung mittels einer elektrisch angetriebenen Pumpenanlage in einen im Bereich des Oberschlosses errichteten Hochbehälter gefördert wurde. Beim Quellwasser handelte es sich jedoch hauptsächlich um oberhalb der Stadt versunkenes Ilmwasser; daraus resultierten massive hygienische Probleme.

Auszug aus einem Bericht des Geheimen Obermedizinalrates Prof. Dr. Abel (Universität Jena) aus dem Jahre 1938 über eine Kontrolle der Trinkwasserqualität in Kranichfeld

1926 bis 1929 – Planungen für eine Fernwasserversorgung aus dem Thüringer Wald

Das „Kerntalprojekt“ in der Urfassung aus dem Jahre 1927. In der zweiten Hälfte der 1930er Jahre wurden die Planungen mit dem Ziel erweitert, eine „Zentralwasserversorgung Nordthüringen“ für 430 Kommunen aufzubauen. Träger sollte ein zu bildender Wasserversorgungszweckverband mit Sitz in Weimar sein. Im Jahre 1943 wurden alle Vorarbeiten als „nicht kriegswichtig“ eingestellt.

Nicht nur die Stadt Weimar benötigte mehr Trinkwasser – gleiche Probleme hatten auch andere Städte Nord- und Mittelthüringens. So schlossen sich Mitte der 1920er Jahre Erfurt, Weimar, Apolda, Jena und Arnstadt sowie die Reichsbahndirektion Erfurt – für den Dampflokomotiven-Betrieb wurden große Mengen weiches Kesselspeisewasser benötigt – zusammen; es wurde ein Projekt zur Heranführung von Wasser aus einer Talsperre, die bei Luisenthal südlich von Ohrdruf im „Kerntalgrund“ errichtet werden sollte, entwickelt. 1929 scheiterte das Vorhaben wegen ungeklärter Finanzierungsfragen und Uneinigkeit zwischen den Beteiligten.

1928 bis 1930 – Planung einer großräumigen Gruppenwasserversorgung für die Kommunen nördlich des Ettersberg-Massivs

In der zweiten Hälfte der 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts entwickelte man erste Pläne zum Aufbau einer Gruppenwasserversorgung für die zum Landkreis Weimar gehörigen Städte und Gemeinden nördlich des Ettersberg-Massivs. Grundlage waren die Wasservorkommen in Sachsenhausen, wo zu diesem Zwecke im Jahre 1929 ein Bohrbrunnen abgeteuft wurde. Wegen fehlender finanzieller Mittel, ungeklärter Zuständigkeitsfragen und Uneinigkeit zwischen den zu versorgenden Kommunen verzögerte sich jedoch der Beginn der Bauarbeiten.

1930 bis 1933 – Bau der Trinkwasseraufbereitungsanlage Bad Berka incl. einer Fernleitung nach Weimar

Bereits um die Wende vom 19. zum 20. Jhd. hatte man nach weiteren Möglichkeiten zur Gewinnung von Wasser für Weimar im Raum zwischen Weimar und Bad Berka gesucht. Aber erst nach dem Scheitern des „Kerntalprojekts“ zur Fernwasserversorgung wurde 1932/33 das Wasserwerk Bad Berka mit einer Kapazität von 5.000 m³/d gebaut. Das eisen- und manganhaltige Rohwasser wurde belüftet und gelangte danach über Filter in den Reinwasserbehälter. Über eine damals verlegte rd. 18 km lange Leitung wird das Wasser seither nach Weimar geführt.

1932 bis 1934 – Bau des Kreisgruppenwasserwerks Ettersberg

Anfang der 1930er Jahre war unter Regie des Landkreises Weimar mit dem Aufbau der Gruppenwasserversorgung Ettersberg begonnen worden. Im Jahre 1933 wurde eine Quellfassung auf dem Gebiet des im Bau befindlichen Wasserwerks Sachsenhausen erschlossen, das Wasserwerk selbst konnte am 21. März 1934 in Betrieb genommen werden. Parallel zum Bau des Wasserwerkes wurden die Hochbehälter errichtet sowie Ortsnetze und Hauptleitungen verlegt. Hausanschlüsse wurden zunächst aus Bleirohr, ab 1935/36 – Blei galt als „strategischer Rohstoff“ – dann aus Stahlrohr, hergestellt.

Übersichtsplan Kreisgruppenwasserwerk Ettersberg - Stand 1934 mit damaliger Ausbauplanung für die Folgejahre

Januar 1933 – Machtergreifung der Nationalsozialisten

Die Nationalsozialisten priesen das Anfang der 1930er Jahre Geschaffene propagandistisch als Ergebnis ihrer Politik, obwohl die Arbeiten zum Aufbau des Kreisgruppenwasserwerks und der TWA Bad Berka ja schon vor der sogenannten „Machtergreifung“ im Januar 1933 in Angriff genommen worden waren.

1935 bis 1938 – Erschließung von Kasernenanlagen und Rüstungswerken

Mit Beginn der offenen militärischen Aufrüstung im Jahre 1935 kamen die Arbeiten zur Errichtung zentraler Trinkwasserversorgungsanlagen im ländlichen Raum fast vollständig zum Erliegen. Sowohl Materialien als auch Baukapazitäten unterlagen nunmehr einer Zwangsbewirtschaftung mit dem Ziel, dieselben ausschließlich für als militärisch bzw. strategisch bedeutsam eingestufte Vorhaben einzusetzen.

Erweiterungsarbeiten erfolgten zur Sicherstellung der Wasserversorgung der im Zuge der Aufrüstung errichteten militärischen Anlagen und Rüstungswerke. Zur Gewährleistung der Wasserversorgung der neuen Kasernenanlagen in Weimar und in Nohra (Fliegerhorst) wurde Mitte der 1930er Jahre eine Fernleitung vom in diesem Zusammenhang errichteten Wasserwerk Heichelheim über den Ettersberg zum Fliegerhorst Nohra verlegt; die von der Fernleitung durchquerten bzw. tangierten Gemeinden Gaberndorf, Tröbsdorf und Ulla, in denen die Einwohner ihr Wasser nach aus Hausbrunnen gewinnen mussten, erhielten hingegen keine Anbindung. Nur die am Ostrand von  Tröbsdorf errichtete „SA-Siedlung“ – heute Max-Greil-Siedlung – sowie die NS-Mustersiedlung der Weimarer Gustloffwerke (Rüstungsbetrieb, zu DDR-Zeiten Landmaschinenwerk) – heute Siedlung Schöndorf – wurden trinkwasserseitig erschlossen.

ZPW Ettersburger Straße I. Das Grundstück befindet sich mittlerweile in privatem Eigentum und wird gewerblich genutzt.

1938 bis 1943 – Bau von Wasserversorgungsanlagen für das Konzentrationslager Buchenwald

Tiefbrunnen Tonndorf 1

1937 errichteten die Nationalsozialisten auf dem Ettersberg nordwestlich von Weimar das KZ Buchenwald. Die vollkommen entrechteten Häftlinge – nach Ausbruch des 2. Weltkrieges auch Kriegsgefangene und Bürger besetzter Länder – lebten, dem ständigen Terror der SS ausgeliefert, unter unmenschlichen Bedingungen und mussten Zwangsarbeit im Steinbruch und in „Außenkommandos“, ab 1943 auch in den neben dem Lager errichteten Rüstungswerken, leisten.

Häftlinge wurden gezwungen, in Handarbeit den Rohrgraben für eine heute als „Buchenwaldleitung“ bezeichnete und inzwischen der Versorgung des nordwestlichen Teils der Region Weimar dienende etwa 16 km lange Fernleitung von den kreiseigenen Tiefbrunnenanlagen bei Tiefengruben/Tonndorf, die vom Landkreis an die SS verpachtet worden waren, bis zum für das Lager und für die SS-Kasernen auf dem Ettersberg errichteten Hochbehälter auszuschachten.

1945 bis 1955 – Beseitigung der Kriegsschäden und Gründung „Volkseigener Betriebe“

Die Anlagen der öffentlichen Wasserversorgung waren durch Kriegseinwirkungen nur vergleichsweise unwesentlich beschädigt worden; lediglich in Weimar mussten ab 1944 immer wieder durch Bombentreffer verursachte Rohrschäden am Ortsnetz sowie an der durch das Stadtgebiet führenden Fernleitung Mellingen-Apolda beseitigt werden.

Nach Ende des 2. Weltkrieges waren die Stadtwerke Weimar und das Kreisgruppenwasserwerk zunächst als selbstständige Unternehmungen in Form „Kommunaler Wirtschaftsunternehmen“ (KWU) weitergeführt worden. Anfang der 1950er Jahre erfolgte dann die Umwandlung in „Volkseigene Betriebe“. Es entstanden der VEB (K) Wasserwirtschaft Stadt Weimar und der VEB (K) Wasserwirtschaft Weimar-Land.

In der Zeit bis 1955 standen kaum Mittel für den Ausbau der Anlagen zur Verfügung, und die vorhandenen Anlagen wurden „auf Verschleiß gefahren“. Erst ab Mitte der 1950er Jahre konnten wieder Neubauvorhaben in Angriff genommen werden.

1956 bis 1969 – Aufbau von Gruppenwasserversorgungen im ländlichen Raum

Ab Mitte der 1950er Jahre begann man wieder, Dörfer ohne zentrale Wasserversorgungsanlagen zu erschließen: Politisches Ziel war, die Lebensverhältnisse der auf dem Lande lebenden Bevölkerung an die der Städter anzugleichen. Im Gebiet nördlich des Ettersberg-Massivs konnte teilweise auf die Anfang der 1930er Jahre bezüglich des damals konzipierten Gruppenwasserversorgungssystems erstellten Ausbauplanungen zurückgegriffen werden.

Im Raum Bad Berka entstanden die Trinkwasseraufbereitungsanlagen Tiefengruben und Tannroda; letztere wurde Herzstück der Gruppenwasserversorgung Tannroda. Die Anfang der 1930er Jahre errichtete TWA Bad Berka ersetzte man zur Kapazitätserhöhung durch einen neben der Altanlage errichteten Neubau.

offener Schnellfilter TWA Tiefengruben (1956)

Bau Schachtbrunnen Nauendorf (1956)

Neue Netze bzw. Netzabschnitte wurden allerdings zumeist aus Stahlrohr mit mangelhafter oder völlig fehlender Korrosionsschutzumhüllung erstellt, was in der Folgezeit zu großen Problemen führte: Die Leitungen waren schon nach weniger als 20 Jahren Betriebszeit technisch verschlissen.

1964 gingen alle örtlichen Wasserversorgungsbetriebe im zentral geleiteten VEB Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Erfurt auf.

1958 bis 1986 – Aufbau der Verbundwasserversorgung Nordthüringen

Verbundwasserversorgung Nordthüringen, Ausbaustand 2022

Nach Wiederaufgriff der Fernwasser-Planungen aus den 1920er Jahren in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre wurde Anfang der 1960er Jahre mit dem Aufbau des Verbundwasserversorgungssystems Nordthüringen begonnen. Mit der Errichtung der Ohra-Talsperre und des Fernleitungsnetzes wurde das „Kerntalprojekt“ mit 40jähriger Verspätung realisiert. Im Jahre 1967 erfolgte der Anschluss der Stadt Weimar an das System des „Ostringes“ (Einspeisung von Süden aus dem Hochbehälter 04 an der Autobahnanschlussstelle Gelmeroda); bis Mitte der 1980er Jahre wurde der im Norden von Weimar endende „Westring“ fertiggestellt. Mit der Bereitstellung von aufbereitetem Talsperrenwasser aus dem Thüringer Wald ergaben sich auch neue Möglichkeiten zur Erschließung ländlicher Gebiete und zur Ablösung belasteter örtlicher Gewinnungsanlagen.

1972 bis 1989 – Erschließungen im „Landprogramm“

Zunehmend problematisch gestaltete sich die Nutzung von Anlagen zur Gewinnung von Grund- und Sickerwasser aus oberflächennahen Horizonten. Infolge der ab Mitte der 1960er Jahre ständig intensivierten landwirtschaftlichen Nutzung – Überdüngung und Gülleausbringung – kam es zu einer stetigen Erhöhung des Nitratgehaltes; auch die bakteriologische Belastung stieg. Abhilfe sollte das in den 1970er Jahren aufgelegte „Landprogramm“ zur trinkwasserseitigen Erschließung bringen: Der Staat stellte Material sowie finanzielle Mittel für die Bezahlung der „Feierabendtätigkeit“ der zur Rohrverlegung erforderlichen Fachleute bereit. Die Bürger der Dörfer führten Erd- und Transportarbeiten in unbezahlter Eigenleistung aus, und die erforderlichen Bauwerke wurden von den Bauabteilungen der ortsansässigen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) errichtet.

DDR-Landprogramm: Bürger schachten Rohrgräben selbst aus

Belastete oberflächennahe örtliche Wasservorkommen wurden z. T. durch aus tieferen, besser geschützten Grundwasserleitern gewonnenes Grundwasser – Anbindung an vorhandene größere Wasserwerke/Aufbereitungsanlagen bzw. Abteufen neuer Tiefbrunnen – oder auch durch „Fernwasser“ aus dem Thüringer Wald ersetzt. In diesem Zusammenhang erfolgte durch Bau von Ortsverbindungsleitungen und Zwischenpumpwerken sowohl der Ausbau vorhandener als auch der Aufbau neuer Gruppenwasserversorgungssysteme, wobei schon vorhandene Ortsnetze und Hochbehälter einbezogen wurden.

1975 bis 1989 – fortschreitender Verschleiß der Altanlagen und Mangelwirtschaft

Die Umsetzung des Anfang der 1970er Jahre aufgelegten DDR-Wohnungsbauprogramms stand im Mittelpunkt. Zwar erschloss man Neubaustandorte des „komplexen Wohnungsbaus“; der Erhaltung der bestehenden Altanlagen wurde jedoch nach wie vor nicht die gebührende Aufmerksamkeit gewidmet. Es kam zu einem fortschreitenden Verfall, und die ständig steigenden Rohrnetzverluste führten trotz eigentlich ausreichender Wasserdargebote zu Mangelerscheinungen. In vielen Fällen mussten deshalb aus Qualitätsgründen eigentlich stillzulegende Gewinnungsanlagen weiter betrieben werden, qualitativ hochwertiges aufbereitetes Talsperrenwasser aus dem System der Verbundwasserversorgung Nordthüringen wurde als Zuschusswasser zum „Verschneiden“ beigemischt. Das Ziel bestand dabei in der Sicherung der Einhaltung der auch zu DDR-Zeiten strengen gesetzlichen Trinkwasserbeschaffenheits-Grenzwerte; insbesondere bezüglich der seuchenhygienisch relevanten mikrobiologischen Parameter und bezüglich des Nitratgehaltes erfolgten regelmäßige Kontrollen. Zur Sicherung einer mikrobiologisch einwandfreien Trinkwasserbeschaffenheit mussten teilweise sehr hohe Desinfektionsmittelmengen zugegeben werden. Im Falle der Überschreitung des Nitrat-Grenzwertes (nach den DDR-Vorschriften 40 mg/l) wurde für die Zubereitung von Säuglingsnahrung und für Kleinkinder unbelastetes Wasser in Flaschen bereitgestellt.

Die Situation verschärfte sich zusehends, und Ende der 1980er Jahre konnte von einer planmäßigen Arbeit kaum noch die Rede sein: Fehlendes Material, hochgradig verschlissene Ausrüstungen, Mangel an Dieselkraftstoff- und Benzinkontingenten für den Betrieb der zumeist überalterten und teilweise schrottreifen Einsatzfahrzeuge waren alltägliche Probleme. Rohrschäden häuften sich, und die dadurch bedingten Wasserverluste stiegen stetig an. Der Zusammenbruch rückte näher. Nur dem fachlichen Können und dem persönlichen Engagement der Beschäftigten – insbesondere auch ihrer Kreativität beim Ersinnen von Provisorien – ist es zu danken, dass trotzdem eine weitestgehend stabile Versorgung aufrechterhalten werden konnte.

1990 bis 1993 – Umstellung auf Marktwirtschaft und kommunale Selbstverwaltung

Nach der politischen Wende im Herbst 1989 wurde im Frühjahr 1990 die Nordthüringer Wasserversorgung und Abwasserbehandlung GmbH als Nachfolgebetrieb des VEB Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Erfurt gebildet; die Treuhandanstalt übertrug die Gesellschafteranteile auf die versorgten Kommunen, welche sich im „Eigentümerverein Wasser/Abwasser Nordthüringen e. V.“ zusammengeschlossen hatten. Ziel dieses als Gesellschafterversammlung der Kapitalgesellschaft fungierenden Eigentümervereins war die „Entflechtung“ der NWA GmbH, verbunden mit der Aufgaben- und Vermögensübertragung auf noch zu bildende örtliche Versorgungsbetriebe.

Im Vorgriff auf die Gründung eines Zweckverbandes in der Region Weimar entschlossen sich die Städte Weimar, Bad Berka und Blankenhain für die einem Neubau gleichkommende Rekonstruktion der „alten“ – Mitte der 1960er Jahre stillgelegten – TWA Bad Berka. Auch Blankenhain sollte angeschlossen werden. Die Arbeiten begannen 1992; sie konnten 1995 abgeschlossen werden.

Luftbild TWA Bad Berka

seit 1993 – stabile Entwicklung des Wasserversorgungszweckverbandes Weimar

Im Frühjahr 1993 war es dann soweit: Die Stadt Weimar und über 50 Kommunen des Umlandes hatten sich in langen Verhandlungen auf eine Verbandssatzung geeinigt; sie gründeten auf dieser Basis den Wasserversorgungszweckverband Weimar und übertrugen diesem die Wahrnehmung ihrer kommunalen Pflichtaufgabe „Wasserversorgung“. Bis 1995 traten weitere Gemeinden der Region dem Zweckverband bei. Heute – im Ergebnis mehrerer Gemeindegebietsreformen und der mit ihnen verbundenen Eingemeindungen bzw. Zusammenschlüsse von Kommunen – hat der WZV Weimar 31 Mitglieder.

Wie stellt sich die aktuelle Lage in der Region Weimar dar?

  • Im Zeitraum seit 1990 konnten die netzzustandsbedingten Wasserverluste um rd. 6,5 Mio. m³ pro Jahr gesenkt werden. Möglich wurde dies insbesondere durch
    • den Einsatz moderner elektronischer Geräte zur Lecksuche und Schadensortung,
    • den Aufbau eines computergestützten Fernüberwachungs- und Fernsteuersystems, welches die permanente Überwachung der Netzeinspeisungen ermöglicht und
    • die Erneuerung von insgesamt rd. 130 km Haupt- und Versorgungsleitungen sowie rd. 150 km Anschlussleitungen.
  • Im gleichen Zeitraum ist die Länge des Netzes (incl. Anschlussleitungen) von rd. 750 km auf rd. 1.178 km gewachsen; die Anzahl der Kunden stieg von rd. 19.300 auf rd. 25.700 an.
  • Im Zuge von Umschlussarbeiten wurden mehr als 50 Wassergewinnungsanlagen mit einer Gesamtkapazität von rd. 5,3 Mio. m³ pro Jahr wegen Qualitätsbeeinträchtigungen des Rohwassers sowie wirtschaftlich nicht gegebener Sanierungsmöglichkeit stillgelegt und rückgebaut.
  • Mehr als 40 hochgradig verschlissene Hoch- und Sammelbehälter konnten nach vorherigen Netzumstellungen – Versorgung aus anderen Anlagen – bzw. nach Inbetriebnahme von 15 „Ersatzneubauten“ außer Betrieb genommen und abgerissen bzw. einer anderweitigen Nutzung zugeführt werden; über 25 „Altbehälter“ wurden grundhaft saniert.
  • Die Versorgungssicherheit hat sich deutlich erhöht; die computergestützte Fernüberwachung wichtiger Anlagen ermöglicht ein frühzeitiges Erkennen von Unregelmäßigkeiten. Eingriffe zur Wiederherstellung des Sollzustandes können so noch vor dem Eintreten versorgungswirksamer Störungen erfolgen, und früher für vorsorgliche Routinekontrollen benötigte Arbeitszeit steht für Maßnahmen der Wartung sowie der vorbeugenden Instandhaltung zur Verfügung.
  • Die Quote der aus mikrobiologischer Sicht zu beanstandenden Trinkwasserproben sank von etwa 5 % (1989/1990) auf deutlich unter 1%.
  • Die Beschäftigtenanzahl konnte sozialverträglich um ca. 1/3 verringert werden.

Vieles wäre aber ohne die Hilfe des Landes nicht möglich gewesen: Der Freistaat Thüringen, vornehmlich das Umweltministerium, hat den Neubau sowie die Sanierung ausgewählter Anlagen bisher mit zweckgebundenen Zuwendungen in einer Gesamthöhe von rd. 10 Mio. Euro gefördert.

Historie der Wasserversorgung der Region Weimar

Spätmittelalter bis 1883

Bis 1883 mussten sich die Weimarer Bürger ihr Trinkwasser an den im Altstadtgebiet befindlichen „Laufbrunnen“ – mittels Röhrenfahrten aus außerhalb des besiedelten Stadtgebietes entspringenden Quellen gespeist – holen oder aber aus Schachtbrunnen auf den Wohngrundstücken schöpfen. Die auf den Privatgrundstücken befindlichen Brunnen befanden sich oftmals dicht neben Jauchegruben und Misthaufen, was immer wieder zu Seuchen führte. Der Geheime Medizinalrat und spätere Hofarzt Dr. Ludwig Pfeiffer wies in den 1860er Jahren auf der Grundlage umfangreicher medizinstatistischer Untersuchungen den Zusammenhang zwischen der Wassergewinnung aus kontaminierten Hausbrunnenanlagen und dem Auftreten von Choleraerkrankungen nach und setzte sich nachfolgend für den Aufbau einer zentralen öffentlichen Wasserversorgung in Weimar ein.

1883 – Weimar richtet eine zentrale öffentliche Wasserversorgung ein

Auf Beschluss der Stadt wurde im Jahre 1882 das Wasserwerk Oettern gebaut und das in der Ilmaue zu Tage tretende Quellwasser mit Dampfkraft über eine Druckleitung in einen Hochbehälter gefördert. Von diesem führt eine noch heute in Betrieb befindliche rd. 7 km lange Fallleitung über Köttendorf und Ehringsdorf nach Weimar. In der Stadt entstand ein Rohrnetz mit Anschlüssen für die Gebäude.

1905 wurde dann der Hochbehälter in der Luisenstraße (heute Humboldtstraße) errichtet; dieser ist auch heute noch für Weimars Stadtzentrum druckbestimmend.

1888 – Fernleitung Mellingen-Apolda in nur 5 Monaten verlegt, Apolda richtet eine zentrale öffentliche Wasserversorgung ein

Die Textilindustrie in Apolda sowie die Bürger der Glockengießerstadt litten unter Wassermangel; dies wurde zum Hemmnis für die wirtschaftliche Entwicklung. Zur Behebung der Wassernot entschloss sich die Kommune, parallel zur Ilm eine rd. 30 km lange Leitung von Mellingen nach Apolda zu verlegen; diese konnte nach nur 5monatiger Bauzeit in Betrieb genommen werden. Genutzt wurden ebenfalls die Quellwasserdargebote in der Ilmaue zwischen Oettern und Mellingen; später fasste man zusätzlich eine Quelle bei Göttern südöstlich von Magdala und speiste das dortige Wasser über eine im Tal der Magdel bis Mellingen verlegte Leitung in das Apoldaer System ein.

1908 – erste interkommunale Zusammenarbeit im Bereich der ländlichen Wasserversorgung

Fast ausnahmslos wurden die Gemeindegrenzen bei der Planung und der Errichtung von Wasserversorgungsanlagen strikt beachtet. Nur die Gemeinden Großschwabhausen, Hohlstedt und Kötschau errichteten im Jahre 1908 eine gemeinsames Versorgungsanlage: Wassergrundlage war ein Brunnen in Hohlstedt. Dort hatte man eine Pumpstation errichtet, mittels derer das Wasser zunächst in einen im Bereich der Gemarkungsgrenze erbauten Hochbehälter gefördert wurde. Von dort aus erfolgte die Einspeisung in die Ortsnetze der drei damals politisch selbstständigen Kommunen.

bis 1914 – Aufbau zentraler Wasser-
versorgungssysteme in Dörfern des Weimarer Landes

Im Zeitraum bis 1914 wurden von vielen vornehmlich südlich des Ettersberg-Massivs gelegenen Gemeinden öffentliche Versorgungsanlagen auf der Basis örtlicher Dargebote (Quellen, Schachtbrunnen, Sickergalerien) erstellt.

Soweit ein Pumpbetrieb erforderlich war, erfolgte dies seinerzeit entweder mittels Windkraft-Antrieb oder aber mittels verbrennungsmotorisch angetriebenen Kolbenpumpen. In Einzelfällen kam auch der sogenannte „hydraulische Widder“ – beruhend auf einer Erfindung aus dem späten 18. Jhd. und in unserer Region gebaut von einer Blankenhainer Firma – zum Einsatz.

August 1914 – Ausbruch des 1. Weltkrieges

Im Sommer 1914 wurde die zentrale öffentliche Wasserversorgung in Hohenfelden eingeweiht. Dieses Dorf war 1913 – wie auch die benachbarte Stadt Kranichfeld – „wiedervereinigt“ worden; das Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach und das Herzogtum Sachsen-Meiningen hatten sich zuvor auf Gebietstausche geeinigt. Beide Kommunen unterstanden nun insgesamt dem Weimarer Großherzog.

Der Ausbruch des 1. Weltkrieges im August 1914 führte zu einem Rückschlag hinsichtlich der Bestrebungen zum Aufbau leitungsgebundener öffentlicher Wasserversorgungseinrichtungen; neue Vorhaben wurden nicht mehr in Angriff genommen.

1919 bis 1927 – Erschließung weiterer Orte

Der 1. Weltkrieg hatte neben Leid und Hungersnot auch wirtschaftlich katastrophale Folgen: Die Wirtschaft lag am Boden; die Inflation vernichtete die wirtschaftliche Existenz vieler schon von den unmittelbaren Kriegsfolgen Betroffenen. Bis Mitte der 20er Jahre erfolgte im Zusammenhang mit der Neuerschließung von Baugebieten lediglich ein geringfügiger Ausbau der schon vor 1914 geschaffenen Versorgungsnetze. Erst im Jahre 1927 wurde wieder eine komplette größere Kommune erschlossen: Die seit 1913 „wiedervereinigte“ Stadt Kranichfeld hatte ein zentrales öffentliches System erstellt; Wassergrundlage war der „Stubenbrunnen“ – eine östlich des Rathauses im Steiluferbereich der Ilm zu Tage tretende sehr ergiebige Quelle, deren Schüttung mittels einer elektrisch angetriebenen Pumpenanlage in einen im Bereich des Oberschlosses errichteten Hochbehälter gefördert wurde. Beim Quellwasser handelte es sich jedoch hauptsächlich um oberhalb der Stadt versunkenes Ilmwasser; daraus resultierten massive hygienische Probleme.

Auszug aus einem Bericht des Geheimen Obermedizinalrates Prof. Dr. Abel (Universität Jena) aus dem Jahre 1938 über eine Kontrolle der Trinkwasserqualität in Kranichfeld

1926 bis 1929 – Planungen für eine Fernwasser-
versorgung aus dem Thüringer Wald

Das „Kerntalprojekt“ in der Urfassung aus dem Jahre 1927. In der zweiten Hälfte der 30er Jahre wurden die Planungen mit dem Ziel erweitert, eine „Zentralwasserversorgung Nordthüringen“ für 430 Kommunen aufzubauen. Träger sollte ein zu bildender Wasserversorgungszweckverband mit Sitz in Weimar sein. Im Jahre 1943 wurden alle Vorarbeiten als „nicht kriegswichtig“ eingestellt.

Nicht nur die Stadt Weimar benötigte mehr Trinkwasser – gleiche Probleme hatten auch andere Städte Nord- und Mittelthüringens. So schlossen sich Mitte der 1920er Jahre Erfurt, Weimar, Apolda, Jena und Arnstadt sowie die Reichsbahndirektion Erfurt – für den Dampflokomotiven-Betrieb wurden große Mengen weiches Kesselspeisewasser benötigt – zusammen; es wurde ein Projekt zur Heranführung von Wasser aus einer Talsperre, die bei Luisenthal südlich von Ohrdruf im „Kerntalgrund“ errichtet werden sollte, entwickelt. 1929 scheiterte das Vorhaben wegen ungeklärter Finanzierungsfragen und Uneinigkeit zwischen den Beteiligten.

1928 bis 1930 – Planung einer großräumigen Gruppenwasserversorgung für die Kommunen nördlich des Ettersberg-Massivs

In der zweiten Hälfte der 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts entwickelte man erste Pläne zum Aufbau einer Gruppenwasserversorgung für die zum Landkreis Weimar gehörigen Städte und Gemeinden nördlich des Ettersberg-Massivs. Grundlage waren die Wasservorkommen in Sachsenhausen, wo zu diesem Zwecke im Jahre 1929 ein Bohrbrunnen abgeteuft wurde. Wegen fehlender finanzieller Mittel, ungeklärter Zuständigkeitsfragen und Uneinigkeit zwischen den zu versorgenden Kommunen verzögerte sich jedoch der Beginn der Bauarbeiten.

1930 bis 1933 – Bau der Trinkwasseraufbereitungsanlage Bad Berka incl. einer Fernleitung nach Weimar

Bereits um die Wende vom 19. zum 20. Jhd. hatte man nach weiteren Möglichkeiten zur Gewinnung von Wasser für Weimar im Raum zwischen Weimar und Bad Berka gesucht. Aber erst nach dem Scheitern des „Kerntalprojekts“ zur Fernwasserversorgung wurde 1932/33 das Wasserwerk Bad Berka mit einer Kapazität von 5.000 m³/d gebaut. Das eisen- und manganhaltige Rohwasser wurde belüftet und gelangte danach über Filter in den Reinwasserbehälter. Über eine damals verlegte rd. 18 km lange Leitung wird das Wasser seither nach Weimar geführt.

1932 bis 1934 – Bau des Kreisgruppenwasserwerks Ettersberg

Anfang der 1930er Jahre war unter Regie des Landkreises Weimar mit dem Aufbau der Gruppenwasserversorgung Ettersberg begonnen worden. Im Jahre 1933 wurde eine Quellfassung auf dem Gebiet des im Bau befindlichen Wasserwerks Sachsenhausen erschlossen, das Wasserwerk selbst konnte am 21. März 1934 in Betrieb genommen werden. Parallel zum Bau des Wasserwerkes wurden die Hochbehälter errichtet sowie Ortsnetze und Hauptleitungen verlegt. Hausanschlüsse wurden zunächst aus Bleirohr, ab 1935/36 – Blei galt als „strategischer Rohstoff“ – dann aus Stahlrohr, hergestellt.

Übersichtsplan Kreisgruppenwasserwerk Ettersberg - Stand 1934 mit damaliger Ausbauplanung für die Folgejahre

Januar 1933 – Machtergreifung der Nationalsozialisten

Die Nationalsozialisten priesen das Anfang der 1930er Jahre Geschaffene propagandistisch als Ergebnis ihrer Politik, obwohl die Arbeiten zum Aufbau des Kreisgruppenwasserwerks und der TWA Bad Berka ja schon vor der sogenannten „Machtergreifung“ im Januar 1933 in Angriff genommen worden waren.

1935 bis 1938 – Erschließung von Kasernenanlagen und Rüstungswerken

Mit Beginn der offenen militärischen Aufrüstung im Jahre 1935 kamen die Arbeiten zur Errichtung zentraler Trinkwasserversorgungsanlagen im ländlichen Raum fast vollständig zum Erliegen. Sowohl Materialien als auch Baukapazitäten unterlagen nunmehr einer Zwangsbewirtschaftung mit dem Ziel, dieselben ausschließlich für als militärisch bzw. strategisch bedeutsam eingestufte Vorhaben einzusetzen.

Erweiterungsarbeiten erfolgten zur Sicherstellung der Wasserversorgung der im Zuge der Aufrüstung errichteten militärischen Anlagen und Rüstungswerke. Zur Gewährleistung der Wasserversorgung der neuen Kasernenanlagen in Weimar und in Nohra (Fliegerhorst) wurde Mitte der 1930er Jahre eine Fernleitung vom in diesem Zusammenhang errichteten Wasserwerk Heichelheim über den Ettersberg zum Fliegerhorst Nohra verlegt; die von der Fernleitung durchquerten bzw. tangierten Gemeinden Gaberndorf, Tröbsdorf und Ulla, in denen die Einwohner ihr Wasser nach aus Hausbrunnen gewinnen mussten, erhielten hingegen keine Anbindung. Nur die am Ostrand von  Tröbsdorf errichtete „SA-Siedlung“ – heute Max-Greil-Siedlung – sowie die NS-Mustersiedlung der Weimarer Gustloffwerke (Rüstungsbetrieb, zu DDR-Zeiten Landmaschinenwerk) – heute Siedlung Schöndorf – wurden trinkwasserseitig erschlossen.

ZPW Ettersburger Straße I. Das Grundstück befindet sich mittlerweile in privatem Eigentum und wird gewerblich genutzt.

1938 bis 1943 – Bau von Wasserversorgungs-
anlagen für das Konzentrationslager Buchenwald

1937 errichteten die Nationalsozialisten auf dem Ettersberg nordwestlich von Weimar das KZ Buchenwald. Die vollkommen entrechteten Häftlinge – nach Ausbruch des 2. Weltkrieges auch Kriegsgefangene und Bürger besetzter Länder – lebten, dem ständigen Terror der SS ausgeliefert, unter unmenschlichen Bedingungen und mussten Zwangsarbeit im Steinbruch und in „Außenkommandos“, ab 1943 auch in den neben dem Lager errichteten Rüstungswerken, leisten.

Häftlinge wurden gezwungen, in Handarbeit den Rohrgraben für eine heute als „Buchenwaldleitung“ bezeichnete und inzwischen der Versorgung des nordwestlichen Teils der Region Weimar dienende etwa 16 km lange Fernleitung von den kreiseigenen Tiefbrunnenanlagen bei Tiefengruben/Tonndorf, die vom Landkreis an die SS verpachtet worden waren, bis zum für das Lager und für die SS-Kasernen auf dem Ettersberg errichteten Hochbehälter auszuschachten.

Tiefbrunnen Tonndorf 1

1945 bis 1955 – Beseitigung der Kriegsschäden und Gründung „Volkseigener Betriebe“

Die Anlagen der öffentlichen Wasserversorgung waren durch Kriegseinwirkungen nur vergleichsweise unwesentlich beschädigt worden; lediglich in Weimar mussten ab 1944 immer wieder durch Bombentreffer verursachte Rohrschäden am Ortsnetz sowie an der durch das Stadtgebiet führenden Fernleitung Mellingen-Apolda beseitigt werden.

Nach Ende des 2. Weltkrieges waren die Stadtwerke Weimar und das Kreisgruppenwasserwerk zunächst als selbstständige Unternehmungen in Form „Kommunaler Wirtschaftsunternehmen“ (KWU) weitergeführt worden. Anfang der 1950er Jahre erfolgte dann die Umwandlung in „Volkseigene Betriebe“. Es entstanden der VEB (K) Wasserwirtschaft Stadt Weimar und der VEB (K) Wasserwirtschaft Weimar-Land.

In der Zeit bis 1955 standen kaum Mittel für den Ausbau der Anlagen zur Verfügung, und die vorhandenen Anlagen wurden „auf Verschleiß gefahren“. Erst ab Mitte der 1950er Jahre konnten wieder Neubauvorhaben in Angriff genommen werden.

1956 bis 1969 – Aufbau von Gruppenwasserver-
sorgungen im ländlichen Raum

Ab Mitte der 1950er Jahre begann man wieder, Dörfer ohne zentrale Wasserversorgungsanlagen zu erschließen: Politisches Ziel war, die Lebensverhältnisse der auf dem Lande lebenden Bevölkerung an die der Städter anzugleichen. Im Gebiet nördlich des Ettersberg-Massivs konnte teilweise auf die Anfang der 1930er Jahre bezüglich des damals konzipierten Gruppenwasserversorgungssystems erstellten Ausbauplanungen zurückgegriffen werden.

Im Raum Bad Berka entstanden die Trinkwasseraufbereitungsanlagen Tiefengruben und Tannroda; letztere wurde Herzstück der Gruppenwasserversorgung Tannroda. Die Anfang der 1930er Jahre errichtete TWA Bad Berka ersetzte man zur Kapazitätserhöhung durch einen neben der Altanlage errichteten Neubau.

offener Schnellfilter TWA Tiefengruben (1956)

Bau Schachtbrunnen Nauendorf (1956)

Neue Netze bzw. Netzabschnitte wurden allerdings zumeist aus Stahlrohr mit mangelhafter oder völlig fehlender Korrosionsschutzumhüllung erstellt, was in der Folgezeit zu großen Problemen führte: Die Leitungen waren schon nach weniger als 20 Jahren Betriebszeit technisch verschlissen.

1964 gingen alle örtlichen Wasserversorgungsbetriebe im zentral geleiteten VEB Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Erfurt auf.

1958 bis 1986 – Aufbau der Verbundwasserversorgung Nordthüringen

Verbundwasserversorgung Nordthüringen, Ausbaustand 2022

Nach Wiederaufgriff der Fernwasser-Planungen aus den 1920er Jahren in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre wurde Anfang der 1960er Jahre mit dem Aufbau des Verbundwasserversorgungssystems Nordthüringen begonnen. Mit der Errichtung der Ohra-Talsperre und des Fernleitungsnetzes wurde das „Kerntalprojekt“ mit 40jähriger Verspätung realisiert. Im Jahre 1967 erfolgte der Anschluss der Stadt Weimar an das System des „Ostringes“ (Einspeisung von Süden aus dem Hochbehälter 04 an der Autobahnanschlussstelle Gelmeroda); bis Mitte der 1980er Jahre wurde der im Norden von Weimar endende „Westring“ fertiggestellt. Mit der Bereitstellung von aufbereitetem Talsperrenwasser aus dem Thüringer Wald ergaben sich auch neue Möglichkeiten zur Erschließung ländlicher Gebiete und zur Ablösung belasteter örtlicher Gewinnungsanlagen.

1972 bis 1989 – Erschließungen im „Landprogramm“

Zunehmend problematisch gestaltete sich die Nutzung von Anlagen zur Gewinnung von Grund- und Sickerwasser aus oberflächennahen Horizonten. Infolge der ab Mitte der 1960er Jahre ständig intensivierten landwirtschaftlichen Nutzung – Überdüngung und Gülleausbringung – kam es zu einer stetigen Erhöhung des Nitratgehaltes; auch die bakteriologische Belastung stieg. Abhilfe sollte das in den 1970er Jahren aufgelegte „Landprogramm“ zur trinkwasserseitigen Erschließung bringen: Der Staat stellte Material sowie finanzielle Mittel für die Bezahlung der „Feierabendtätigkeit“ der zur Rohrverlegung erforderlichen Fachleute bereit. Die Bürger der Dörfer führten Erd- und Transportarbeiten in unbezahlter Eigenleistung aus, und die erforderlichen Bauwerke wurden von den Bauabteilungen der ortsansässigen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) errichtet.

DDR-Landprogramm: Bürger schachten Rohrgräben selbst aus

Belastete oberflächennahe örtliche Wasservorkommen wurden z. T. durch aus tieferen, besser geschützten Grundwasserleitern gewonnenes Grundwasser – Anbindung an vorhandene größere Wasserwerke/Aufbereitungsanlagen bzw. Abteufen neuer Tiefbrunnen – oder auch durch „Fernwasser“ aus dem Thüringer Wald ersetzt. In diesem Zusammenhang erfolgte durch Bau von Ortsverbindungsleitungen und Zwischenpumpwerken sowohl der Ausbau vorhandener als auch der Aufbau neuer Gruppenwasserversorgungssysteme, wobei schon vorhandene Ortsnetze und Hochbehälter einbezogen wurden.

1975 bis 1989 – fortschreitender Verschleiß der Altanlagen und Mangelwirtschaft

Die Umsetzung des Anfang der 1970er Jahre aufgelegten DDR-Wohnungsbauprogramms stand im Mittelpunkt. Zwar erschloss man Neubaustandorte des „komplexen Wohnungsbaus“; der Erhaltung der bestehenden Altanlagen wurde jedoch nach wie vor nicht die gebührende Aufmerksamkeit gewidmet. Es kam zu einem fortschreitenden Verfall, und die ständig steigenden Rohrnetzverluste führten trotz eigentlich ausreichender Wasserdargebote zu Mangelerscheinungen. In vielen Fällen mussten deshalb aus Qualitätsgründen eigentlich stillzulegende Gewinnungsanlagen weiter betrieben werden, qualitativ hochwertiges aufbereitetes Talsperrenwasser aus dem System der Verbundwasserversorgung Nordthüringen wurde als Zuschusswasser zum „Verschneiden“ beigemischt. Das Ziel bestand dabei in der Sicherung der Einhaltung der auch zu DDR-Zeiten strengen gesetzlichen Trinkwasserbeschaffenheits-Grenzwerte; insbesondere bezüglich der seuchenhygienisch relevanten mikrobiologischen Parameter und bezüglich des Nitratgehaltes erfolgten regelmäßige Kontrollen. Zur Sicherung einer mikrobiologisch einwandfreien Trinkwasserbeschaffenheit mussten teilweise sehr hohe Desinfektionsmittelmengen zugegeben werden. Im Falle der Überschreitung des Nitrat-Grenzwertes (nach den DDR-Vorschriften 40 mg/l) wurde für die Zubereitung von Säuglingsnahrung und für Kleinkinder unbelastetes Wasser in Flaschen bereitgestellt.

Die Situation verschärfte sich zusehends, und Ende der 1980er Jahre konnte von einer planmäßigen Arbeit kaum noch die Rede sein: Fehlendes Material, hochgradig verschlissene Ausrüstungen, Mangel an Dieselkraftstoff- und Benzinkontingenten für den Betrieb der zumeist überalterten und teilweise schrottreifen Einsatzfahrzeuge waren alltägliche Probleme. Rohrschäden häuften sich, und die dadurch bedingten Wasserverluste stiegen stetig an. Der Zusammenbruch rückte näher. Nur dem fachlichen Können und dem persönlichen Engagement der Beschäftigten – insbesondere auch ihrer Kreativität beim Ersinnen von Provisorien – ist es zu danken, dass trotzdem eine weitestgehend stabile Versorgung aufrechterhalten werden konnte.

1990 bis 1993 – Umstellung auf Marktwirtschaft und kommunale Selbstverwaltung

Nach der politischen Wende im Herbst 1989 wurde im Frühjahr 1990 die Nordthüringer Wasserversorgung und Abwasserbehandlung GmbH als Nachfolgebetrieb des VEB Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Erfurt gebildet; die Treuhandanstalt übertrug die Gesellschafteranteile auf die versorgten Kommunen, welche sich im „Eigentümerverein Wasser/Abwasser Nordthüringen e. V.“ zusammengeschlossen hatten. Ziel dieses als Gesellschafterversammlung der Kapitalgesellschaft fungierenden Eigentümervereins war die „Entflechtung“ der NWA GmbH, verbunden mit der Aufgaben- und Vermögensübertragung auf noch zu bildende örtliche Versorgungsbetriebe.

Im Vorgriff auf die Gründung eines Zweckverbandes in der Region Weimar entschlossen sich die Städte Weimar, Bad Berka und Blankenhain für die einem Neubau gleichkommende Rekonstruktion der „alten“ – Mitte der 1960er Jahre stillgelegten – TWA Bad Berka. Auch Blankenhain sollte angeschlossen werden. Die Arbeiten begannen 1992; sie konnten 1995 abgeschlossen werden.

Luftbild TWA Bad Berka

seit 1993 – stabile Entwicklung des Wasserversorgungszweck-
verbandes Weimar

Im Frühjahr 1993 war es dann soweit: Die Stadt Weimar und über 50 Kommunen des Umlandes hatten sich in langen Verhandlungen auf eine Verbandssatzung geeinigt; sie gründeten auf dieser Basis den Wasserversorgungszweckverband Weimar und übertrugen diesem die Wahrnehmung ihrer kommunalen Pflichtaufgabe „Wasserversorgung“. Bis 1995 traten weitere Gemeinden der Region dem Zweckverband bei. Heute – im Ergebnis mehrerer Gemeindegebietsreformen und der mit ihnen verbundenen Eingemeindungen bzw. Zusammenschlüsse von Kommunen – hat der WZV Weimar 31 Mitglieder.

Wie stellt sich die aktuelle Lage in der Region Weimar dar?

* Im Zeitraum seit 1990 konnten die netzzustandsbedingten Wasserverluste um rd. 6,5 Mio. m³ pro Jahr gesenkt werden. Möglich wurde dies insbesondere durch
* den Einsatz moderner elektronischer Geräte zur Lecksuche und Schadensortung,
* den Aufbau eines computergestützten Fernüberwachungs- und Fernsteuersystems, welches die permanente Überwachung der Netzeinspeisungen ermöglicht und
* die Erneuerung von insgesamt rd. 130 km Haupt- und Versorgungsleitungen sowie rd. 150 km Anschlussleitungen.
* Im gleichen Zeitraum ist die Länge des Netzes (incl. Anschlussleitungen) von rd. 750 km auf rd. 1.178 km gewachsen; die Anzahl der Kunden stieg von rd. 19.300 auf rd. 25.700 an.
* Im Zuge von Umschlussarbeiten wurden mehr als 50 Wassergewinnungsanlagen mit einer Gesamtkapazität von rd. 5,3 Mio. m³ pro Jahr wegen Qualitätsbeeinträchtigungen des Rohwassers sowie wirtschaftlich nicht gegebener Sanierungsmöglichkeit stillgelegt und rückgebaut.
* Mehr als 40 hochgradig verschlissene Hoch- und Sammelbehälter konnten nach vorherigen Netzumstellungen – Versorgung aus anderen Anlagen – bzw. nach Inbetriebnahme von 15 „Ersatzneubauten“ außer Betrieb genommen und abgerissen bzw. einer anderweitigen Nutzung zugeführt werden; über 25 „Altbehälter“ wurden grundhaft saniert.
* Die Versorgungssicherheit hat sich deutlich erhöht; die computergestützte Fernüberwachung wichtiger Anlagen ermöglicht ein frühzeitiges Erkennen von Unregelmäßigkeiten. Eingriffe zur Wiederherstellung des Sollzustandes können so noch vor dem Eintreten versorgungswirksamer Störungen erfolgen, und früher für vorsorgliche Routinekontrollen benötigte Arbeitszeit steht für Maßnahmen der Wartung sowie der vorbeugenden Instandhaltung zur Verfügung.
* Die Quote der aus mikrobiologischer Sicht zu beanstandenden Trinkwasserproben sank von etwa 5 % (1989/1990) auf deutlich unter 1%.
* Die Beschäftigtenanzahl konnte sozialverträglich um ca. 1/3 verringert werden.

Vieles wäre aber ohne die Hilfe des Landes nicht möglich gewesen: Der Freistaat Thüringen, vornehmlich das Umweltministerium, hat den Neubau sowie die Sanierung ausgewählter Anlagen bisher mit zweckgebundenen Zuwendungen in einer Gesamthöhe von rd. 10 Mio. Euro gefördert.

Notruf